Akute Sportverletzung cortisonfrei behandeln
In der klassischen Orthopädie gehören Behandlungen mit cortisonhaltigen Medikamenten häufig zum Alltag. Viele Patienten kennen dabei die Wirkweise, die Risiken und Alternativen nicht. Nachfolgend erläutert der Erfurter Sport- und Olympiaarzt Dr. Gerald Lutz was vor allem sportlich Aktive wissen sollte.
Herr Dr. Lutz, was ist Cortison?
Cortison ist ein körpereigenes Hormon, welches in der Nebennierenrinde gebildet wird und in seiner ursprünglichen Form natürlich nicht als Medikament eingesetzt wird. In der Medizin findet es als inaktivierte Form des Cortisol, welches auch zu den Glukokortikoiden zählt, Anwendung. Dieses wird in der Medizin eingesetzt und umgangssprachlich als Cortison bezeichnet.
Wie wirken cortisonhaltige Medikamente?
Glucocorticoide wandeln Eiweiße in Kohlenhydrate um und haben weitere vielfältige Wirkungen. Sie wirken unter anderem entzündungshemmend und unterdrücken Reaktionen im Immunsystem. Wie andere Medikamente auch, hat es Nebenwirkungen. In der Orthopädie sind insbesondere verschlechterte Ernährung in stoffwechselarmen Geweben, wie zum Beispiel Sehnen, Bänder oder auch Unterhautfettgewebe die relevantesten.
Wie und bei welchen Krankheitsbildern wird Cortison in der Orthopädie angewendet?
Grundsätzlich kann Cortison systemisch, also durch Gabe in die Vene, durch die Einnahme von Tabletten oder rasche Aufnahme durch die Muskulatur eingesetzt werden. Daneben können auch lokale Injektionen angewendet werden. Bei zahlreichen Problemen in der Orthopädie spielen Entzündungsprozesse eine zentrale Rolle. Zum Beispiel eine Gelenkentzündung in großen Gelenken (Kniegelenk) oder auch kleinen Gelenken (Wirbelsäule). Wird dann die Entzündung vor Beginn der Schmerzentstehung behandelt, kann mit niedrigen Dosierungen eine gute Wirkung erzielt werden. Auch bei akuten Verletzungen (Traumata) gibt es Entzündungsprozesse. Häufig erkennen wir diese bei frischen Knorpelschäden.
Warum ist Cortison gerade in der Sportorthopädie nicht das Non plus Ultra?
Wie bereits erwähnt, kann Cortison negative Wirkungen an Sehnen, Bändern und unter Hautfettgewebe auslösen. Es ist bekannt, dass das Risiko einer Achillessehnenruptur (Riss) nach mehrfachen Cortisoninjektionen deutlich erhöht ist. Außerdem wird die Heilung von Verletzungen durch positive Entzündungsprozesse unterstützt, welche meist durch eine Cortisoninjektion unterbrochen werden und somit eine Heilung verlangsamen oder verhindern.
Welche typischen Sportverletzungen kann man cortisonfrei behandeln?
In meiner Praxis haben wir sehr gute Erfahrung mit der cortisonfreien Behandlung von Muskelverletzungen, Verletzungen des Knorpels, der Sehnen und Bänder. Außenband- und Sprunggelenkverletzungen können wir heute ohne Cortison erfolgreich behandeln. Auch chronische Entzündungen der Sehne oder des Schleimbeutels an der Schulter wie zum Beispiel bei der Werfer-, Schwimmer-, oder Volleyballerschulter können sehr gut cortisonfrei behandelt werden. Dies trifft auch auf das Patellaspitzensyndrom oder Läuferknie zu.
Warum setzt man heute bei Leistungs- und Breitensportlern häufiger auf cortisonfreie Therapieverfahren?
Wesentliches Kriterium der cortisonfreien Therapie ist ein biologischer Ansatz der eingesetzten Medikamente, welche die Heilung der betroffenen Struktur unterstützen. Daneben schätzen auch viele Leistungssportler die nahezu nebenwirkungsfreie Anwendung.
Dauert die cortisonfreie Behandlung länger?
Ja, sie dauert etwas länger, ist aber dafür in der Regel viel nachhaltiger und länger wirksam. Cortisoninjektionen können schnell zur Beschwerdefreiheit führen, allerdings lässt diese Wirkung nicht selten schon nach einigen Wochen nach und man hat nichts gewonnen. Dies ist bei den modernen biologischen Präparaten nicht der Fall. Der nachhaltige Ansatz der cortisonfreien Therapie führt also langfristig zu besseren Ergebnissen.
Dies wurde durch aktuelle Studien belegt.
Ist eine cortisonfreie Behandlung teurer?
Aufgrund der höheren Intensität der Behandlung zu Beginn einer Verletzung oder Erkrankung können anfangs etwas höhere Kosten entstehen. Angesichts der nachhaltigen Ausheilung sind jedoch insgesamt die Kosten nicht zwingend höher.
Sind cortisonfreie Injektionen schmerzhafter?
Die Anwendung von biologischen Präparaten ist nicht schmerzhafter. In seltenen Fällen kann durch die aktivierte Heilung auch eine leichte schmerzhafte entzündliche Reaktion hervorgerufen werden, welche jedoch nicht lange andauert. Dies trifft beispielsweise auf ein modernes Verfahren zu, welches auf Heilungskräften von körpereigenen Wachstumsfaktoren im Blut beruht.
Welche Vorteile hat eine cortisonfreie Behandlung von Sportverletzungen?
Bei der cortisonfreien Behandlung wird die Biologie des verletzten Gewebes in den Mittelpunkt gerückt. Bei Anwendung von Cortison gibt es häufig negative Wirkungen auf Sehnengewebe und Bänder bis hin zur cortisonbedingten Achillessehneruptur.
Welche Medikamente werden an Stelle von Cortison zur Anwendung gebracht?
Es gibt eine Vielzahl von biologischen Präparaten, welche zur Muskelentspannung oder Entzündungshemmung eingesetzt werden. Weiterhin stehen heute auch Präparate, welche die Muskelheilung unterstützen, zur Verfügung. Ein sehr innovatives Verfahren ist die so genannte PRP (Plättchen reiches Plasma) Methode, welche auf Heilungskräften von körpereigenen Wachstumsfaktoren beruht. Diese Methode kann bei Knorpelschäden, wie auch bei Verletzungen von Sehnen und Bändern und Muskulatur eingesetzt werden. Auch klassische Verfahren wie moderne Präparate mit Hyaluronsäure können die Gelenkfunktion verbessern.
Warum werden in Ihrer Praxis cortisonfreie Behandlungen angeboten?
Verletzungen im Spitzensport und Breitensport werden cortisonfrei behandelt. Im Vordergrund jeder Sportverletzung oder Überlastung steht jedoch am Anfang die genaue Analyse der Verletzung mit einer präzisen Diagnose. Darauf aufbauend kann dann ein individuelles Behandlungskonzept erstellt werden.
Die Therapie umfasst dabei den Einsatz von biologischen Verfahren, Physiotherapie, Sporttherapie, Hinweisen zur Eigenbehandlung und Einsatz von Bandagen. Abhängig vom Verletzungsmuster, der individuellen Situation, erstellen wir gemeinsam, also im Dialog mit dem Patienten ein Behandlungskonzept, welches auch allein auf Physiotherapie und/oder Eigenbehandlung beruhen kann. Bei einer Vielzahl von orthopädischen Verletzungsmustern kann man auf Injektionsbehandlungen oder gar Operationen verzichten.
Die Privatpraxis
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